Elektrische Fußbodenspeicherheizung



Hier in Paderborn wie wohl auch in vielen anderen Städten sind elektrische Fußbodenspeicherheizungen noch weit verbreitet. Ich möchte hier einen kurzen Überblick über die technischen Grundlagen einer solchen Heizung geben. Ohne das erforderliche Grundlagenwissen ist eine gute Einstellung meiner Meinung nach fast unmöglich.

1. Aufbau

Die Heizung besteht aus mehreren Heizmatten, die in eine extradicke Estrichschicht eingelegt werden. Dieser sogenannte Speicherestrich wird während der Heizphasen aufgeheizt und gibt die Wärme dann über einen längeren Zeitraum an den Raum ab. Dementsprechend dauert es auch relativ lange, bis nach dem Einschalten einer Heizmatte eine Änderung der Fußbodentemperatur fühlbar ist.

Jede Heizmatte ist über eine eigene Anschlussleitung mit der Unterverteilung der Wohnung verbunden, wo sie über einen Schütz (ein elektrischer Schalter für große Lasten) an einem Sicherungsautomat angeschlossen ist. Der Schütz wird von der Heizungssteuerung geschaltet.

Mehrere Heizmatten werden zu Regelkreisen zusammengefasst, wobei jeder Regelkreis einen Temperatursensor, den Restwärmefühler, enthält. Dieser befindet sich ebenfalls im Speicherestrich. Ein weiterer Temperatursensor zur Erfassung der Außentemperatur, der Witterungsfühler, befindet sich an der Außenwand des Hauses.

2. Aufladung

Die Heizphasen, genannt Aufladung, finden in der Regel nachts für acht Stunden statt (hier ungefähr von 22 Uhr bis 6 Uhr). Im Winter gibt es tagsüber eine zusätzliche Heizphase. Daraus folgt, dass die Wohnung jeweils morgens nach der langen Heizphase am wärmsten ist.

3. Heizstrom ("Nachtstrom")

Für elektrische Nachtspeicherheizungen gibt es spezielle Tarife der Energieversorger, die in der Regel jedoch nur vom Grundversorger des jeweiligen Gebiets angeboten werden. Es wird ein Doppeltarifzähler installiert, der zwei getrennte Zählwerke für den Niedertarif (NT) und den Hochtarif (HT) enthält.

4. Tarifumschaltung, Ladefreigabe

Vom Energieversorger werden über das Stromnetz Steuersignale übertragen, die vom sogenannten Rundsteuerempfänger empfangen werden. Der Rundsteuerempfänger stellt zumindest zwei Signale für die Hausinstallation bereit: Das Signal LL, das die Aktivität des Niedertarifs anzeigt, und das Signal LF (Ladefreigabe), das die Erlaubnis zum Aufladen der Speicherheizung anzeigt.

Dabei ist das Signal LL mit dem Doppeltarifzähler verbunden, der abhängig davon das aktive Zählwerk umschaltet. Das Signal LF ist mit der Heizungssteuerung verbunden und verhindert, dass ohne Erlaubnis des Energieversorgers die Heizung aufgeladen wird.

5. Vorwärts- und Rückwärtsbetrieb

Die einfachste Form der Heizungssteuerung ist der Vorwärtsbetrieb. Sobald die Ladefreigabe aktiv wird, beginnt die Aufladung. Abhängig von der Außentemperatur wird der Speicher bis auf eine bestimmte Temperatur aufgeladen.

Dieses Verfahren hat aber den großen Nachteil, dass es in der Nacht sehr warm wird, obwohl eine hohe Raumtemperatur eigentlich eher unerwünscht ist. Deshalb wurde der Rückwärtsbetrieb erfunden. Dabei wird aus den beiden Temperaturwerten (Außentemperatur und Restwärme) bestimmt, wie lange der Speicher aufgeladen werden muss, um die eingestellte Raumtemperatur über den Tag zu halten. Weil auch die Dauer der nächtlichen Ladephase bekannt ist, lässt sich bestimmen, mit welcher Verzögerung gegenüber der Ladefreigabe die Aufladung begonnen werden muss. Damit wird also die Aufladung von den späten Abendstunden in die frühen Morgenstunden verschoben.

Technisch wird dies so gelöst, dass in der Hauptverteilung im Keller ein Zentralsteuergerät sitzt, das eine vom Fortschritt der Ladefreigabedauer abhängige Spannung (im Prinzip eine Uhr mit Analogausgang) und eine von der Außentemperatur abhängige Spannung ausgibt. Diese beiden Spannungen werden in alle angeschlossenen Wohnungen verteilt und von den dort angebrachten Steuergeräten verwendet.

6. Zusatzheizung

Die oben beschriebene Konstruktion kann nicht auf plötzliche Temperaturänderungen reagieren. In der Nacht wird der Speicher abhängig von der Außentemperatur aufgeladen. Kühlt es aber am folgenden Tag merklich ab, wurde für die nun niedrigere Außentemperatur zu wenig aufgeladen. Es muss also zugeheizt werden. Hierfür wird eine zusätzliche Heizmatte installiert, die nicht tief im Estrich, sondern fast an der Oberfläche eingebracht wird. So erwärmt sich der Fußboden schneller, wenn zusätzliche Wärme benötigt wird. Die Zusatzheizung wird über ein Raumthermostat gesteuert.

7. Lastabwurf

Wird während der Aufladung heisses Wasser vom Durchlauferhitzer benötigt, so muss für diese Zeit die Aufladung unterbrochen werden. Dies wird durch einen automatischen Lastabwurf in der Unterverteilung ermöglicht.

8. Tipps

Eine elektrische Fußbodennachtspeicherheizung reagiert genau wie eine Betonkernaktivierung sehr träge. Die Regler an der Heizungssteuerung sollten deshalb nur in kleinen Schritten verstellt werden. Danach am besten ein paar Tage abwarten, bevor weitere Veränderungen vorgenommen werden.

Vorsicht ist bei den Vertragsformularen der Energieversorger geboten. Bei meinem Vertrag vom Grundversorger (E.ON Westfalen Weser) steht Folgendes im Kleingedruckten: "Die Aufladezeit der elektrischen Wärmespeicher-Raumheizungsanlagen und/oder Elektro-Standspeicher für die Warmwasserbereitung beträgt mindestens 8 Stunden innerhalb von 24 Stunden. Die Niedertarifzeiten für Wärmepumpen, Direktraumheizungen und Wohnungslüftungsanlagen mit Wärmepumpe betragen mindestens 8 Stunden innerhalb von 24 Stunden." Mir fehlt dabei die Verpflichtung des Anbieters, die Ladefreigabe nur während der Niedertarifzeiten zu erteilen. E.ON Westfalen Weser äussert sich dazu folgendermaßen: "Im Rahmen eines Massengeschäftes sind so detaillierte Angaben zu Niedertarifzeiten oder zusätzlichen Ladefreigaben nicht individuell mit jedem Kunden einzeln vereinbar." Interessant ist dabei, dass die Konkurrenz (bbswEnergie) darin kein Problem sieht: "Während der Freigabe wird der Strombezug zum Niedertarif (NT) abgerechnet."

Alternative Anbieter für Heizstrom werden in den bekannten Stromvergleichsportalen leider noch nicht gelistet. Eine aktuelle Übersicht der regionalen und überregionalen Anbieter findet man aber z.B. in Finanztest 02/2013.

Ob gerade der Niedertarif gilt, lässt sich am Doppeltarifzähler im Keller ablesen. Einfacher ist es aber, sich in die Unterverteilung eine Anzeige einbauen zu lassen, die an die Ladefreigabe angeschlossen ist. Solche Anzeigen im Formfaktor eines Sicherungsautomaten sind unter der Bezeichnung "Leuchtmelder" im Elektrofachhandel oder bei Amazon erhältlich.

9. Siehe auch

  1. Wikipedia - Aufladesteuerung
  2. Installationsanleitung Schlüter LS20, ZG20, RGE202/80

Unterverteilung
Unterverteilung


Doppeltarifzähler
Doppeltarifzähler


Rundsteuerempfänger
Rundsteuerempfänger


Zentralsteuergerät
Zentralsteuergerät


Raumthermostat
Raumthermostat